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Vielleicht wichtigste Reliquie der Kirche in Manoppello

Vielleicht wichtigste Reliquie der Kirche in Manoppello
Erstellt von:
Christine Pies
Veröffentlicht am:
13.07.2024

Als Jesus ins Grab gelegt wurde, legte man ihm ein Muschelseidentuch auf das Gesicht. Dieses Tuch ist bis heute erhalten geblieben und in Manopello einem kleinen Dorf in Italien in einer Kirche zu sehen.
Das Tuch, das Jesus bei seiner Grablegung direkt auf sein Gesicht gelegt wurde, besteht aus Muschelseide, deren Fäden viermal so dünn sind wie Frauenhaar und feiner als die Fäden von Nylonstrümpfen. Gewonnen wird die Muschelseide von der Großen Steckmuschel. Das besondere an Muschelseide oder den Bysssusfäden ist, dass sie ungemein widerstandsfähig sind. Die Muschel produziert ein zähflüssiges Eiweißsekret, das sie aus der Byssusdrüse ausscheidet. Sobald der Faden mit Wasser in Berührung kommt, erstarrt er und härtet aus. So entsteht ein hornartiger Faden, an dessen Ende sich ein kleines Haftplättchen bildet, mit dem sich die Muschel an Sandkörner, Steinen und Felsen befestigt. Diese Fäden sind feiner als jeder Seidenfaden und zudem extrem reißfest. Außerdem schillert der Faden von olivgrün über braun, schwarz bis hin zu einem goldenen Farbton. Man braucht unendlich viel Geduld und Geschick, um aus den zarten Fasern ein Tuch zu weben. Früher wurde Muschelseide für kostbare Kleidungsstücke genutzt.

Im Bild ist der Schleier von Manoppello zu sehen.
Bildautor: ElfQrin / "wikipedia.org"

Im Grab Jesu lagen nach dessen Auferstehung verschiedene Tücher, wie Johannes in seinem ebenso knappen und präzisen Bericht festhält, in dem es auf jedes Wort ankommt. 
In dem Grab befand sich einmal das lange Leichentuch auf der Grabbank rechts, das sich seit dem Jahr 1587 als „Santa Sindone“ in Turin befindet, und der „gefaltete“ oder „zusammengebundene“ Schleier des „Schweißtuchs, das auf dem Gesicht Jesu gelegen hatte“, und das sich „daneben, an einer besonderen Stelle“ befand, wie Johannes schreibt. Es war ein Lichttuch. Deshalb muss es auch am Eingang der Grabkammer auf dem Boden gelegen haben, weil nur hier, in dieser frühen Stunde, die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne hinreichten. Nur hier, in diesem Eingangsbereich, konnte Petrus den hauchdünnen Schleier aus kostbarer Muschelseide in der unbeleuchteten dunklen Grabkammer überhaupt bemerkt haben. Das extrem feine Material ist nämlich „lichtaktiv“, wie wir erst seit dem Jahr 2004 wissen, und muss dadurch in den ersten Strahlen der Sonne irgendwie geglitzert und die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, sonst hätte Petrus den Schleier auf dem Boden überhaupt nicht sehen können, als er die Grabkammer betrat. Deshalb muss er ihn wohl auch aufgehoben und gegen das Licht gehalten und dabei entdeckt haben, dass ihn plötzlich – wie uns heute noch – in diesem Tuch der lebendige Herr anschaute. Die Wirkung können wir uns gar nicht dramatisch genug vorstellen. Das Bild auf dem Tuch ist im Augenblick der Auferstehung, durch eine Art Blitz entstand.

Urplötzlich wusste Simon Petrus in dem Moment: Jesus lebt, den er vor wenigen Stunden noch unter Flüchen verleugnet hatte und den er allein ließ, als Er am Kreuz hing und starb. Und er wusste: Dieses Grab ist kein Grab mehr. „Da ging auch der andere Jünger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein“, schreibt Johannes danach lakonisch und zwar über sich selbst, da er ja dieser andere Jünger war, und „er sah und glaubte“. Anders als durch diesen Zusammenhang ist dieser Satz überhaupt nicht zu verstehen. Das war unmöglich durch das vier Meter lange Grabtuch, das in der Grabkammer nicht einmal zu entfalten war. Dieses kleine „Schweißtuch“ hingegen ist das Fundament des Osterglaubens vom auferstandenen Christus von den Toten. Es ist ein unerhörtes Bilddokument und die erste Seite der vier Evangelien, die allesamt viele Jahre und Jahrzehnte später von den Evangelisten aufgeschrieben wurden. Im Labor des „heiligen Grabes“ aber wurde diese erste Seite von Gott selbst „geschrieben“, als unerhörtes Lichtbild des Auferstandenen neben dem „Nichtbild“ des Toten auf dem großen Grabtuch.

Das Bild oder auch Volto Santo genannt, zeigt den Auferstandenen mit geöffneten Augen im Augenblick der Auferstehung. Es ist ein Bild, das von zwei Seiten vollkommen sichtbar bleibt, von vorne und von hinten, nur seitenverkehrt, obwohl es in sich selbst so transparent ist, dass man eine Zeitung dadurch lesen kann. Im Gegenlicht verschwindet es hingegen vollkommen; dann wird es so durchsichtig wie eine Fensterscheibe. Es gibt kein anderes Bild auf einem Muschelseidentuch.
Mikroskopische Untersuchungen des Tuches an den Universitäten in Bari und Bologna haben gezeigt, dass es keinerlei Farbspuren aufweist. Doch das Gesicht ist da. Aber bemalt werden kann dieser Stoff nicht. Auf der Oberfläche von Muschelseide hält keine Farbe. Wenn es nicht gemalt ist, wenn ein Druck oder noch modernere Projektionsmethoden auszuschließen sind bei einem Tuch, das allein in Manoppello schon seit nachweislich 400 Jahren ausgestellt wird – wie ist dieses Gesicht dann zu erklären? „Es ist ein Wunder“, sagt Schwester Blandina Paschalis Schlömer
Sie hat das Antlitz auf dem Byssus-Gewebe vermessen, mit dem Grabtuch aus Turin verglichen und festgestellt: „Die Gesichter auf beiden Tüchern sind millimetergenau deckungsgleich, die Proportionen identisch.“ Auch wurde bewiesen, dass beide Tücher aus demselben Grab stammen. Das Volto Santo ist durchsichtig und das Gesicht darauf ist nicht immer zu sehen, sondern verschwindet, wenn der Hintergrund hell ist. Beides, das Volto Santo und das Turiner Grabtuch, sind also zwei verschiedene Bilder vom gleichen Gesicht, wobei das Gesicht auf dem Turiner Grabtuch nur schwach als Negativ auf einem Leinentuch zu sehen ist und erst durch das Negativ der Fotographie 1898 richtig sichtbar wurde. Das Gesicht auf dem Volto Santo dagegen ist von beiden Seiten richtig sichtbar. Denn es ist durchsichtig wie ein Dia. 

Padre Pio sagte 1963: „Das Volto Santo in Manoppello ist sicher das größte Wunder, das wir haben.“  Kardinal Meisner kommentierte seinen Besuch im April 2005 so: „Im Volto Santo wird das Herz Gottes sichtbar. Pax Vobis. Er schaut uns nicht nur ins Gesicht, Er schaut uns ins Herz. Doch nicht mit dem Blick eines Befehlshabers oder strengen Richters, es ist der Blick eines Bruders, eines Freundes. Es ist der Blick des guten Hirtens. In Köln feiern wir mit den Reliquien der Drei Könige in gewisser Weise das ganze Jahr über Weihnachten. Sie haben hier mit diesem Schleier immer Ostern. Zweifeln sie nur ja nicht daran, dass es echt ist!“ Papst Benedikt XVI. pilgerte am 1. September 2006 als erster Papst privat nach Manoppello. Der Papst kniete vor dem Tuch nieder und sprach ein Gebet. Eine Heilige Messe hat er nicht gefeiert. Vor Priestern und Pilgern sagte er anschließend: „Wir sind gemeinsam auf der Suche nach dem Antlitz unseres Herrn, um in ihm einen Weg für unser Leben zu finden.Benedikt XVI. erhob die Kirche am 22. September 2006, wenige Tage nach seiner Pilgerfahrt zum Heiligen Antlitz, zur „Basilica minor“. Was bedeutet dieser Titel? 

Normalerweise wird eine Kirche zur Basilika erhoben, die sich in der gesamten Diözese einer gewissen Beliebtheit erfreut, beispielsweise, weil sie zu einem besonderen geschichtlichen oder religiösen Anlass erbaut wurde. Oder, weil sich in ihr die sterbliche Hülle oder eine bedeutsame Reliquie eines Heiligen befindet oder dort ein heiliges Bild besonders verehrt wird. Hier ist es die Reliquie des Schleiers mit dem Abdruck des Heiligen Antlitzes Jesu. Auch Kardinal Friedrich Wetter würdigte Manoppello am 27. September 2006 vor der Deutschen Bischofskonferenz. Möglicherweise stelle das Volto Santo „die kostbarste Reliquie der Christenheit“ dar. Das Dorf Manoppello wird vielleicht eines Tages der berühmteste Pilgerort der Welt sein.
 

Christine Pies

 

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